Und außerhalb

Jenseits des Innenhofes schließt sich der etwa gleichgroße hintere Gartenabschnitt an, den man erblickt, sobald man sich durch eine schmale Türoffnung hinter die den Garten in zwei gleiche Hälften teilende Mauer begibt.

2009 - Frühsommerliches Staudenbeet mit Eremurus-Hybriden und Hemerocallis ‘Berlin Lemon’

Findet bei unseren Besuchern immer großen Anklang: Aquilegia skinneri

Von hier aus – extra muros – bis zur hinteren Grundstücksgrenze, erstreckt sich nun ein von Teilraum zu Teilraum übergehender und wegen seiner eher ruhigen Gliederung zusammenhängender, langgestreckter Gartenraum.

Über mehrere, unterschiedlich große und durch die geradlinig und rechtwinklig geschnittenen Plattenwege begrenzte Beete hinweg geht der Blick, ohne dass sich jemals die Gliederung dieses Abschnittes im Ganzen oder alles, was sich darin zuträgt in einem einzigen Tableau zusammenfassen ließe. Beim Flanieren durch diesen Bereich tun sich immer wieder neue und überraschende Aspekte auf, welche im Einzelnen aufzuzählen die Geduld des Lesers über Gebühr beanspruchen dürfte. Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte - nicht immer, aber hier schon.

2009 - Herbstliche Szenerie im hinteren Gartenabschnitt - vom Beginn des Mittelwegs aus betrachtet

Bilder, so der französischer Soziologe Pierre Bourdieu, bestehen nicht nur aus dem, was sie zeigen, sondern auch aus dem, was sie nicht zeigen. Was man hier nicht mehr sehen kann, ist unser ehemaliger Gemüse- und Obstgarten und das, was noch vor ihm hier war: ein infolge Lieb- und Achtlosigkeit brachgefallener bäuerlicher Nutzgarten.

Ein von uns hochgeschätztes Gras für vielerlei Standorte: Hakonechloa macra ‘Aureola’

2009 - Die gleiche Blickrichtung auf das Birkenkarree - diesmal im Frühsommer

So sehr auch sogar dies verwilderte Stück Land seinen eigenen Charme hatte, waren wir doch zu sehr vom Gedanken der Selbstversorgung beseelt, um es in seinem heruntergekommenen Zustand belassen zu können. Und so kam es wie es kommen musste.

Elymus magellanicus (syn. Leymus magellanicus, syn. Agropyron mag.)

2009 - Sommerblüher im Restebeet

Aus der Happy Single Serie: Dahlia ‘Date’

Sobald wir durch das weitere Aufwachsen unserer Kinder etwas die Hände freibekamen, machte die Wildnishaftigkeit schnurgerade nebeneinander gezogenen Furchen platz, in denen selbstgezogenes Gemüse, Obst und Kartoffeln zu bestaunen waren. Dass damit auch das letzte Quantum frei verfügbarer Zeit verschwand, kam für uns Ahnungslose allerdings recht unerwartet. Insbesondere die sich wochenlang von Sommer bis Herbst hinziehende Ernte führte zu einem unerbittlichen Zwang zur Verwendung einer stets überschießenden Menge an Obst und Gemüse. Der Sommer sah uns bei dreißig Grad im Schatten die schönsten Tage des Jahres mit deren Konservierung in der Küche verbringen. Auch der Herbst brachte keine Entlastung. Erst allmählich und verspätet kehrte die Gewissheit ein, dass wir all das Eingemachte auf Jahre hinaus würden auch aufbrauchen müssen.

2004 - Frühling im hinteren Gartenabschnitt: Anemone blanda am Fuß einer Dreiergruppe von Betula utilis ssp. jaquemontii ‘Doorenbos’

Tulipa praestans ‘Füsilier’

Nur, die Schwemme setzte jedes Jahr unausweichlich aufs Neue ein, bis uns endlich dämmerte, dass wir uns zum Sklaven einer Vorstellung gemacht hatten, die sich mit unseren Lebensentwürfen nicht vereinbaren ließ. Wir waren keine Selbstversorger, und die Illusion, von heute auf morgen welche werden zu können, war der größte Irrtum, das größte Selbstmissverständnis, dem wir in unserem Gärtnerleben aufgesessen sind. Andere mögen für derlei geboren sein, wir sind es nicht.

Dies erkennend, machten wir kurzerhand Schluss mit dem ganzen Spuk, ließen einen Traktor kommen, der den Boden und alles, was sich darauf befand, mit Grubber und Fräse buchstäblich auf den Kopf stellte.

Seit jenem Tag kultivieren wir nur noch Pflanzen, von denen wir uns nicht genötigt sehen, sie auch noch aufessen zu müssen. Ausnahmen bestätigen diese selbstgesetzte Regel: der Ertrag von ein paar Gewürzkräutern, die man nicht an jeder Ecke zu kaufen bekommt, von Knoblauch, den wir überall zwischen unseren Stauden ziehen, und von einigen wenigen Wildobstgehölzen, die sich gleichfalls gut in die gemischten Rabatten integrieren lassen, beansprucht uns nicht über Gebühr.

2009 - Hemerocallis-Hochblüte in den Staudenbeeten

Und je mehr dieser Garten zu dem wurde, was er heute ist, ein Staudengarten mit dazugehörigem Baum- und Sträucherbestand, samt Sommerblühern, Gräsern und Zwiebelpflanzen, umso weniger bekamen motorisierte Gartengeräte wie Fräse oder Kreiselmäher hier zu tun. Seit Jahren schon wird der Boden darüber hinaus weder umgegraben noch gehackt, stattdessen mit allem verfügbaren Schnittgut, in kleinerem Umfang auch mit Nadelholzrinde, regelmäßig gemulcht. Von der anfänglichen Kompostwirtschaft, die alles erst über den Komposthaufen und später über den Kompostbehälter gehen ließ, sind wir weitgehend abgekommen, nachdem wir die Vorzüge der Flächenkompostierung erst einmal entdeckt hatten: durch Versuch und Irrtum - wie sonst.

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